Landtagswahl Baden-Württemberg 2006
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Antwort des Ministerpräsidenten Günther H. Oettinger (CDU)

Sehr geehrter Herr Speidel,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 6. März 2006, mit der Sie die zukünftige Rundfunkgebührenpflicht von Internet-PCs kritisieren. Gerne teile ich Ihnen Hintergründe hierzu mit.

Die Regierungschefs der Länder haben im Oktober 2004 den Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterzeichnet, mit dem unter anderem die Höhe der Rundfunkgebühr für die Gebührenperiode 2005 bis 2008 festgelegt wurde. Der Staatsvertrag ist am 1. April 2005 in Kraft getreten.

Richtig ist, dass dieser Staatsvertrag unter anderem auch eine Regelung der Rundfunkgebührenpflicht für neuartige Rundfunkempfangsgeräte wie Internet-PCs, enthält. Ein grundsätzlicher Systemwechsel ist damit jedoch nicht verbunden. Nach wie vor definiert § 1 Abs. 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages die gebührenpflichtigen Geräte abstrakt als technische Einrichtungen, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen (Hörfunk und Fernsehen) geeignet sind. Da viele Rundfunkveranstalter Hörfunk- und Fernsehangebote im Internet zum Abruf bereithalten, sind nach ganz übereinstimmender Auffassung der Länder bereits heute Rechner, mit denen solche Angebote empfangen werden können, grundsätzlich gebührenpflichtig. Bisher profitieren sie jedoch von einem Moratorium, das der Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2006 befristet hat. Im Hinblick auf die Zunahme breitbandiger Internetanschlüsse auch im privaten Bereich und dem vielfältigen Hörfunk- und Fernsehangeboten im Internet war zwischen allen Ländern unstreitig, dass eine Verlängerung des lediglich als Übergangslösung eingeführten Moratoriums nicht mehr vertretbar ist.

Die Vorschrift des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, auf die Sie sich beziehen, enthält entgegen der vielfach vertretenen Auffassung gerade keine neue Rundfunkgebührenpflicht für neuartige Rundfunkempfangsgeräte, sondern vielmehr eine Privilegierung solcher – bereits vorher grundsätzlich gebührenpflichtigen – Geräte. Nach der bis zum 31. März 2005 geltenden Rechtslage würden ab dem 1. Januar 2007 alle – auch alle gewerblichen – Internet-PCs gebührenpflichtig werden. Um dieses, angesichts der vielseitigen Einsatzgebiete der PCs sicherlich unbefriedigende Ergebnis zu vermeiden, ist im 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag folgender Kompromiss vorgesehen:

1.) Im privaten Bereich werden die Internet-PCs zwar gebührenpflichtig, fallen allerdings unter die sog. »Zweitgeräteregel«. Dies bedeutet, dass für die Haushalte, die bereits über Fernsehen und Radio verfügen, keine zusätzliche Gebühr mehr anfällt. Rundfunkgebühren für Internet-PCs werden also nur in einem Haushalt fällig, der zwar Internet, aber weder Radio noch Fernsehen hat.

2.) Im gewerblichen Bereich wird für die Internet-PCs die »Zweitgeräteregel« eingeführt. Grundsätzlich gilt im gewerblichen Bereich, dass für alle Geräte Rundfunkgebühren zu entrichten sind. Für Internet-PCs gilt dann, dass in solchen Betrieben, die bereits über ein herkömmliches Rundfunkgerät verfügen, keine zusätzlichen Gebühren mehr anfallen. Gibt es in einem Betrieb keine Rundfunkgeräte, ist nur für einen PC eine Rundfunkgebühr zu entrichten. Alle anderen PCs sind in diesem Fall aufgrund der Zweitgeräteregel von der Gebühr befreit. Im Ergebnis wird ein Betrieb also unabhängig von der Anzahl der vorgehaltenen Internet-PCs mit maximal einer Rundfunkgebühr pro Grundstück belastet.

Mit den neuen Bestimmungen wurde der vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Grundsatz des Anknüpfens der Rundfunkgebühr an die technische Möglichkeit des Rundfunkempfangs unter Einschluss neuartiger Empfangsgeräte konsequent fortentwickelt, ohne damit nennenswerte zusätzliche Belastungen einzuführen. Dieser Gedanke beruht letztlich auf der solidarischen Verpflichtung aller Rundfunkteilnehmerinnen und -teilnehmer, über die Rundfunkgebühr einen Beitrag zur angemessenen Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Aufgaben zu leisten. Die neuen Regelungen führen darüber hinaus nicht – wie vielfach angenommen – zu höheren Einnahmen bei den Rundfunkanstalten. Denn die den Rundfunkanstalten zugestandenen finanziellen Mittel orientieren sich ausschließlich an dem für die jeweilige Gebührenperiode festgelegten Bedarf der Anstalten.

Mit freundlichen Grüßen

Günther H. Oettinger MdL
Ministerpräsident

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